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Volatilität bei Technologiewerten bietet Renditechancen

Benjamin Feingold, Feingold Research

Kaum hat der US-Präsident gewechselt, wird es an der Börse turbulent. Das liegt vor allem daran, dass das Thema KI weiterhin alle in Atem hält. Anleger können mit Derivaten auf Werte wie Apple, Nvidia und Tesla setzen.

Haben Sie im Kopf wie hoch der Marktwert des Nvidia-Konzerns ausfällt? Es sind umgerechnet rund 3,3 Billionen Euro. Ende Januar hatte das Unternehmen an der Börse knapp 600 Milliarden Dollar verloren – an einem einzigen Tag. Dies war der höchste Tagesverlust in der Geschichte der Wall Street. Der Grund ist allseits bekannt – die Chinesen haben womöglich ihren Laika- respektive Sputnik-Moment. Dies war vor vielen Jahrzehnten ein Weckruf für die Amerikaner, als Russen eine Hündin und Satelliten ins All beförderten. Diesmal waren es die Chinesen, die dem KI-Superstar Nvidia und der US-KI-Industrie mit DeepSeek eine Alternative entgegensetzten. Wie gut die ist wird man noch präziser analysieren. Doch bei Nvidia und Co. sorgte es für ein gehöriges Rumpeln.

Deutsche Anleger hatten an den heftigen Schwankungen große Freude, denn am Börsenplatz gettex lag Nvidia ebenso in der Beliebtheit ganz vorn wie bei Morgan Stanley oder JP Morgan, beide führende Anbieter bei Hebelpapieren auf Nvidia. Es war sogar der Handelstag mit dem größten Umsatz aller Zeiten in einer Einzelaktie. Dass Nvidia auch mal hart getroffen werden kann, liegt nicht nur daran, dass das Unternehmen zwar sehr bekannt ist, aber längst noch nicht so etabliert wie beispielsweise Amazon oder Microsoft daherkommt. Vielmehr ist sein Markt noch im Entstehen und damit könnten extrem hohe Margen jederzeit kippen. 

Nvidia ist ein spezieller Fall

Schon an der Volatilität lässt sich zudem ablesen, dass für Nvidia andere Risikobewertungen gelten als dies bei Apple der Fall ist. Hinzu kommt, dass vielen Anlegern seit Trumps Amtsantritt bewusst wird, wie knifflig seine Ziele zu erreichen sein könnten. Carsten Mumm von Donner & Reuschel findet, dass die Verbraucherpreise ein starkes Argument pro Trump waren. Genau das könnte sich umdrehen. Denn: „Wenn nun die Inflation wieder steigt oder nicht nennenswert fällt, könnte es die Gefahr verdeutlichen, dass Trumps Politik einige schwer auflösbare Widersprüche beinhaltet. Gleichzeitig die Wirtschaft anzukurbeln und dabei Inflation und Zinsen niedrig zu halten, wird nicht funktionieren.“ Im Tech-Sektor ist man vor dem großen Zahlenreigen zum vierten Quartal entsprechend vorsichtig. Die Gewinne seit Jahresbeginn wurden durch den dicken Rücksetzer am letzten Januar-Montag ausradiert.

Trumps Freunde schwächeln

Zu den Aktien, die reichlich Fallhöhe aufgebaut haben und jetzt auf dem Prüfstand stehen, gehört auch Tesla. Der Kurs ist seit Oktober von 200 auf 340 Euro geklettert. In diesem Jahr hat das Papier jedoch deutlich nachgegeben. Tesla muss wieder um gut 100 Euro steigen, um auf das Level vor dem Trump-Antritt von rund 450 Euro zu kommen. Blöderweise hängen auch Tech-Titel längerfristig an angespannten oder eben lockeren Zinsmärkten.
Auch von dieser Seite gibt es Gegenwind. Die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen sind seit Sommer 2024 um rund 100 Basispunkte gestiegen und haben zwischenzeitlich fast die Marke von 5 Prozent p.a. erreicht. „30-jährige Hypothekenzinsen liegen derzeit bei über 7 Prozent pro Jahr“, erläutert Stefan Riße, Autor des Buchs „Die Inflation kommt“. „Man darf nicht vergessen, dass Hausbauer sich im Tief der letzten Jahre zu gut zwei Prozent verschulden konnten, auch auf die 30-jährige Sicht“. Steigende Zinsen für Immobilienfinanzierungen tun US-Verbrauchern über kurz oder lang weh.

Kursschwankungen bieten Chancen

Zwar geht es im Technologiesektor heiß her. Im Gegenzug sind jedoch aufgrund der hohen Volatilität attraktive Renditen möglich. Gemäß der Investmentregel: Je höher das Risiko, desto höher der mögliche Gewinn. Wer auf steigende Kurse eines Titels setzt, sollte natürlich vom Aufwärtspotenzial des Werts überzeugt sein.

Turbo-Call auf Apple

Risikobereite Anleger kaufen zum Beispiel einen Turbo-Call-Schein von HSBC (WKN: HS6J5Y), um überproportional von einem Anstieg der Apple-Aktie zu profitieren. Das Papier hat einen Hebel von 5. Das Prinzip: Steigt die Apple-Aktie um 1 Prozent, legt der Wert des Turbos um 5 Prozent zu. Der Hebel wirkt aber auch in die andere Richtung: Fällt die unterlegte Aktie, verliert der Hebelschein entsprechend überproportional. Der genannte Callschein hat keine begrenzte Laufzeit („Open End“). Wichtig ist bei diesem Produkt die Knock-out-Schwelle, die bei 196 Dollar liegt: Berührt oder unterschreitet die Apple-Aktie diese Marke, verfällt der Schein und es kommt zum Totalverlust des Einsatzkapitals.

Discount-Call auf Nvidia

Wer bei einem Basiswert moderat steigende oder seitwärts laufende Kurse erwartet und gehebelt einsteigen möchte, für den könnten sich Discount-Call-Optionsscheine eignen. Die Papiere sind vereinfacht gesagt nichts anderes als klassische Call-Optionsscheine. Der Unterschied: Discountscheine sind durch den Preisrabatt günstiger als Standard-Warrants. Im Gegenzug weisen sie eine Gewinnbegrenzung (Cap) auf. Ein Beispiel ist der Nvidia Discount-Call-Schein von Goldman Sachs (WKN: GJ6H1M), der bis zum 19. Dezember 2025 läuft. Der Cap liegt bei 142,50 Dollar und der Basispreis bei 132,50 Dollar. Sollte die Nvidia-Aktie am Laufzeitende auf oder über dem Cap notieren, erzielen Anleger eine Rendite von 94 Prozent des Kapitaleinsatzes. Liegt die unterlegte Aktie am Ende jedoch auf oder unter dem Basispreis, verfällt der Schein wertlos.

Discount-Zertifikat auf Tesla

Eine dritte, defensivere Derivatevariante sind Discount-Zertifikate. Die Teilschutz-Papiere ermöglichen den Einstieg in eine Aktie (oder einen Index) mit Rabatt. Das Zertifikat ist also günstiger als der Referenzwert. Anleger können im Gegenzug nur bis zum Cap an steigenden Kursen des Basiswerts teilnehmen. Sollte die unterlegte Aktie am Laufzeitende unter dem Cap notieren, orientiert sich die Rückzahlung am Aktienkurs. Liegt dieser dann unter dem Kaufpreis des Zertifikats, kommt es zu Verlusten. Als Beispiel dient hier ein Discount-Zertifikat der UniCredit (WKN: UG1UT2) auf Tesla. Das Papier läuft bis zum 19. Juni 2026, der Cap steht bei 340 Dollar. Aktuell kostet der Discounter rund 243 Euro (umgerechnet rund 253 Dollar), was einem Rabatt von rund 29 Prozent entspricht. Die maximal mögliche Rendite beträgt rund 24 Prozent des Kapitaleinsatzes. Diese erzielen Anleger, wenn die Tesla-Aktie zum Laufzeitende auf oder 340 Dollar notiert. Liegt der Titel am Ende jedoch bei 253 Dollar oder darunter, gerät das Investment in die Verlustzone.

 

BENJAMIN FEINGOLD hat nach seinem BWL-Studium mit den Schwerpunkten Bankbetriebslehre sowie Internationales Management bei verschiedenen Banken im Handel sowie im Research gearbeitet. Noch während seines Studiums hat er erste Erfahrungen an der Börse gesammelt. 

Von 2000 bis 2007 war er bei Börse Online für derivative Produkte zuständig, anschließend als freier Redakteur dort tätig. Zu seinen zahlreichen Publikationen zählt das Tradinghandbuch „Handeln mit Futures und Optionen – Ein Leitfaden für den Privatanleger“, das er im FinanzBuch Verlag veröffentlicht hat