Märkte Aktien
Frauen brauchen keine rosa Einhorn-Finanzen
Benjamin Feingold, Feingold Research
Geldanlage wird Frauen oftmals als komplexer monetärer Hochleistungssport verkauft. Dabei brauchen Frauen keine Sonderbehandlung. Im Gegenteil. Das wichtigste Asset bringen sie ohnehin mit.
Wenn es um Geldanlage geht, werden Frauen sehr oft behandelt, als müsste man einem dreibeinigen Pferd Springreiten beibringen. In einschlägigen Foren und Instagram-Posts ist zu lesen, welche Fehler man besser nicht machen sollte. Dazu geht es häufig um Gender-Pay-Gap und die Tatsache, dass Frauen oft weit weniger verdienen als Männer. Und deshalb umso mehr vorsorgen und investieren müssten. Letzteres ist meist großer Unsinn, denn jene Frauen, die leider in sehr schlecht bezahlten Jobs arbeiten, haben am Monatsende meist keine fünfzig oder hundert Euro für einen Sparplan über. Die finanzielle Vorsorge begänne dort eher bei einer anständigen Bezahlung.
Nein, Frauen müssten beim Investieren und bei der Geldanlage ganz sicher nicht auf spezielle Anlagekonzepte zurückgreifen oder von Influencern an die Hand genommen werden wie ein unreifes Kind. Der Weg zum klugen Investieren ist einfach. Kopf einschalten, eigene Erfahrungen nutzen und Stärken ausspielen. Denn ausgesprochen viele Studien bescheinigen Frauen ruhiger und besonnener bei der Geldanlage zu agieren. Dieser Punkt ist der erste Pluspunkt.
Weitblick und Ruhe
Dazu können Frauen ebenso wie Männer mit offenen Augen durch die Welt gehen und sich fragen, welche Firmen und Geschäftsmodelle tragfähig sind. „Was kennt man – von Apple über Lululemon bis Mercedes oder DeLonghi. Welche Branchen sind die dominierenden Felder der nächsten Jahre, was wird unsere Welt dominieren?“ – das sind logische und zielführende Fragen, die sich Männer und Frauen gleichermaßen stellen können. Aus Erfahrung kann man sagen, dass Frauen bei diesen Fragen seltener die ganz heißen Eisen ausrufen, die aktuell am Markt gespielt werden, sondern mit Weitblick und Ruhe an die Börse rangehen.
Als nächster Joker kommt ins Spiel, dass Frauen mit Volatilität, mit der Unruhe an den Märkten, oftmals viel gelassener umgehen. Märkte fallen, Märkte steigen, aber per Saldo und über die lange Distanz geht es aufwärts, wie die Statistik zu Aktien zeigt, dass auf lange Sicht sieben Prozent Rendite p.a erzielt werden. Während viele Männer der Meinung sind, Day-Trading und der Glaube an reine Charttechnik sei der weise Weg, wägen Frauen ab und vertrauen obendrein nicht so oft aggressiven Renditeversprechen. Aktien werfen im Schnitt also sieben bis acht Prozent pro Jahr ab, wer intelligent investiert, kann etwas mehr rausholen. Punkt.
Die entscheidenden Fragen
Die wesentlichen Hürden für Frauen sind allen Erzählungen nach eher die folgenden drei Fragen:
- Wo führe ich möglichst einfach mein Depot?
- Welche Investmentformen wähle ich?
- Wo kann ich mich über konkrete Produkte informieren, die ich nachvollziehen kann?
Am Ende unterscheiden sich die Antworten darauf aber in keiner Weise von jenen, die man Männern gebe würde. Die wichtigste Nachricht für alle Frauen, die sich an Börse warum auch immer nicht rantrauen ist: Am Aktienmarkt wird auch nur mit Wasser gekocht. Viele Börsianer gaukeln ein geheimes Herrschaftswissen vor.
Dabei kommt es meist auf drei Zutaten für den langfristigen Börsenerfolg an: gesunder Menschenverstand, Information und geduldiges Umsetzen in konkrete Investments. Dafür braucht man weder rosa Finanzen noch sonstige Frauenfängerei.
BENJAMIN FEINGOLD hat nach seinem BWL-Studium mit den Schwerpunkten Bankbetriebslehre sowie Internationales Management bei verschiedenen Banken im Handel sowie im Research gearbeitet. Noch während seines Studiums hat er erste Erfahrungen an der Börse gesammelt.
Von 2000 bis 2007 war er bei Börse Online für derivative Produkte zuständig, anschließend als freier Redakteur dort tätig. Zu seinen zahlreichen Publikationen zählt das Tradinghandbuch „Handeln mit Futures und Optionen – Ein Leitfaden für den Privatanleger“, das er im FinanzBuch Verlag veröffentlicht hat